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Alle Dörfer, alle Wälder bleiben!

Neue Brennpunkte des Widerstandes gegen die schon begonnene Klimakatastrophe

28. November 2020 | Emilio Weinberg

Foto: Herbert Sauerwein

Ich schreibe diesen Artikel als Mit-Akteur des vielfältigen Widerstands im Rheinischen Braunkohlerevier in „NRWE“ und damit schwerpunktmäßig über den neuen Brennpunkt in Lützerath und Umgebung. Der Hambacher Wald ist weiterhin umkämpft und nicht endgültig gerettet. Die Waldbesetzung im Hambi ist auch jetzt noch sehr notwendig und sollte nicht vergessen werden, denn RWE will mit der Zustimmung der Landesregierung bis auf 50 Meter an den Wald heranbaggern und den Restwald durch weiteren Kiesabbau in eine Insellage bringen. Das wäre das Todesurteil für den Hambi.
Ich schreibe aus der Perspektive eines explizit anarchistischen und gewaltfreien Aktionskonzepts. Es wird versucht, dabei die notwendigen Analysen des Umfelds, der Säulen der Erhaltung der Herrschaft, der Verbündeten und Gegner*innen zu berücksichtigen.

Was passierte Mitte November 2020 – in Zeiten der Pandemie und des begrenzten Lockdowns – in diesen Brennpunkten des Widerstands gegen die schon begonnene Klimakatastrophe? Im Dannenröder Wald wehren sich Besetzer*innen gegen den Bau einer überflüssigen Autobahn und damit auch gegen die Erderhitzung durch den KFZ-Verkehr. RWE lässt ebenfalls Bäume in Dörfern roden, die sogar nach den bisherigen Plänen erst in einigen Jahren für die Verstromung von Braunkohle abgebaggert werden sollen. Neben dem Dannenröder Wald („Danni“) sind das Dorf Lützerath und die anderen am Braunkohle-Tagebau Garzweiler bedrohten Dörfer aktueller Brennpunkt des Widerstands gegen die schon begonnene Klima-Katastrophe bzw. der Bewegung für Klimagerechtigkeit in Deutschland.

In Lützerath, dem von Zwangsumsiedlung gezeichneten und nun bald durch Abbaggerung bedrohten Dorf am Tagebau Garzweiler, hat der Kohle-Konzern RWE in diesen Tagen ein regelrechtes Baum-Massaker mit Unterstützung mehrerer Hundertschaften der Polizei veranstaltet. Lützerath soll als erstes Dorf der Dörfer, die noch dem Tagebau weichen sollen, vernichtet werden. Niemand soll mehr Lust haben, dort zu leben. Keyenberg, Kuckum, Unterwestrich, Berverath sollen folgen. In Lützerath leben noch drei Landwirte mit ihren Familien und eine Familie mit einem Kleinkind, entgegen der dreisten aber sehr gezielten Lüge des Pressesprechers von RWE im Kölner Stadtanzeiger vom 10.11.2020, als er sagte, dass Lützerath schon umgesiedelt sei, höchstens noch eine Person oder eine Familie dort wohnen.
Tatsächlich leben in den noch zahlreich erhaltenen und auch schönen Häusern Lützeraths nun auch etliche „Aktivistis“ auf Einladung des solidarischen und kämpferischen Landwirts E. Heukamp – er wurde im Oktober in der TAZ porträtiert. Diese Häuser sind auch jetzt noch teilweise von wunderbaren Wiesen und Bäumen umgeben. Seit Monaten existiert am Ortseingang eine Dauer-Mahnwache, getragen unter anderem von den Initiativen „Kirche im Dorf lassen“ und „Alle Dörfer bleiben“, unterstützt von den Gruppen für Klimagerechtigkeit im Rheinland, wie u.a. „AusgeCO2hlt, Aufbäumen, Zucker im Tank, Ende Gelände Aachen, – Köln, – Bonn, Hambi-Support-Gruppen“. Der Widerstand wird auch unterstützt von weiteren lokalen Bürgerinitiativen, vor allem von den „Buirern für Buir“, Attac Köln und der bundesweiten AG Energie Klima Umwelt von Attac, teilweise auch vom BUND und von Greenpeace.
Im Keyenberger Wald ist ein kleineres Baumhausdorf in enger Kooperation mit „Alle Dörfer bleiben“ entstanden. Es trägt den schönen Namen „Unser aller Wald“ und ist auch ein Rückzugsort „out of action“ für die durch Polizeigewalt traumatisierten Aktivist*innen. Das bundesweite Bündnis „Alle Dörfer bleiben“, in dem Betroffene aller Braunkohle-Reviere, Aktivist*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung, sowie solidarische Bürger*innen gemeinsam gegen Zwangsumsiedlung und Klimazerstörung kämpfen, hatte ebenso wie die neue Initiative „Lützerath lebt“ aufgerufen:

 

„Schützt mit uns Lützerath und die Bäume an der L277!“

Die Widerstandsformen sind vielfältig: Menschen halten sich in den Bäumen auf, um diese zu schützen. Über den Zufahrtsstraßen zum Dorf sind Seile, Traversen und Hängematten gespannt, in denen Menschen hängen, um den Maschinen des Kohlekonzerns den Weg zu versperren. Es bilden sich immer wieder neue Sitzblockaden. Neben diesen direkten Aktionen des Zivilen Ungehorsams gibt es immer wieder auch Demonstrationen, solidarische Gottesdienste der Initiative „Kirche im Dorf lassen“, Protest-Spaziergänge und -Picknicks.
Mehrere Hundertschaften der Polizei versuchen die sinnlose Zerstörung durch RWE mit Einschüchterung und entfesselter Gewalt durchzusetzen. Immer wieder werden Menschen eingekesselt und auf brutale Weise in Gewahrsam genommen. Alle Menschen, die sich dem Schauplatz dieser Strategie der Zermürbung, Vertreibung und des „Tatsachen-Schaffens“ durch RWE nähern wollen, werden an den Tagen der Rodung auf allen Zufahrts-Straßen und -Wegen aufgehalten. Polizeiautos mit permanent eingeschaltetem Blaulicht bilden eine Absperrung. Die Öffentlichkeit soll wohl vermuten, dass in dem abgesperrten Gebiet eine Gefahrenzone massiver Kriminalität herrsche. Nur Journalist*innen werden noch so gerade durchgelassen. Eine in der Nähe wohnende Frau, die mit einem noch in Lützerath lebenden Landwirt befreundet ist, wollte diesen an einem Tag relativer Ruhe – wie bei einem Waffenstillstand – besuchen und wurde auf brutalste Weise aufgehalten: Zunächst durch Schubsen gegen die Brust durch Mitarbeiter des von RWE beauftragten Sicherheitsdienstes, dann plötzlich durch einen gewaltigen Schlag auf den Rücken von hinten durch einen RWE-Mitarbeiter. Ein Arzt musste eine schwere Prellung feststellen.
Eine solidarische Rollstuhlfahrerin wurde bei einem Protest-Spaziergang isoliert, von Polizist*innen umstellt, ihre Tasche untersucht, ihre durch ihre spastische Lähmung zusammengepressten Hände wurden auseinandergerissen, da die Rollenträger der Exekutive vermuteten, dass sie etwas in diesen verbergen würde.
Beobachter*innen der Räumung der Baumbesetzungen und Traversen durch Kletter-Cops mussten zuschauen, wie diese dabei rücksichtslos das Leben der Baumschützer*innen gefährdeten. Es wurden Traversen angeschnitten, dann an Seilen mit großer Kraft gezogen, obwohl die eine Aktivistin noch oben im Baum gesichert war, diese Sicherung drohte zu reissen und die Aktivistin aus großer Höhe abzustürzen.
Als der wunderbare, von mehreren Menschen besetzte, Walnussbaum am 10. November geräumt wurde, gefährdeten die Rodungsarbeiter und die Polizisten vor allem die letzte ganz oben im Baum fest gesicherte Aktivistin, indem die Harvester-Rodungsmaschine immer mehr große Äste abzwackte, der Rest-Baum immer stärker schwankte. Bei den Festnahmen erfolgte mehrmals als erstes ein unvermittelter Schlag ins Gesicht. All dies ist durch zahlreiche Fotos und Videos dokumentiert.
Manch Beobachter sprach von „Staatsterrorismus“. Andere meinten, das wäre ja genauso wie in Kolumbien – die „Secus“ erinnern an die Paramilitärs (1) – und Brasilien oder Belarus. Aus der Umgebung, aus Düsseldorf, Mönchengladbach, Aachen, Bonn, Köln usw. kamen Unterstützer*innen. Darunter auch Künstler*innen und Musiker wie Gerd Schinkel, der fast täglich neue Lieder zum Widerstand verfasst und komponiert. Die Unterstützer*innen riefen immer wieder Parolen, auch während der Festnahmen: „Klima-Aktivismus ist kein Verbrechen“ und „Du bist nicht allein“. Noch konnten die Zerstörungen nur verzögert, aber nicht aufgehalten werden. Es wird weitere Mobilisierungen geben. Auch wenn sich zeitweilig ein Erleben von Ohnmacht, Erschütterung, Fassungslosigkeit, maßloser Wut und Empörung breit machte, überwiegt noch der Optimismus, mehr Menschen mobilisieren zu können. Viele denken dabei an die Massen-Demo mit 50.000 Menschen 2018 am Hambacher Wald. Die Rettung des Hambacher Waldes (Hambi) vor Augen, auch wenn sich diese nun als nur vorläufig erwiesen hat, wird auf unterschiedliche Art und Weise weiter gekämpft. Auch juristische Mittel und Wege ergänzen den Mosaik-Widerstand. In mehreren Städten, u.a. in Hamburg, Jena und Freiburg, ermutigen solidarische Baumbesetzungen und andere Solidaritäts-Aktionen die Menschen, die vor Ort sind. Auch in diesen Tagen des Novembers 2020 hat die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen die Räumung der Waldbesetzungen im Dannenröder Wald veranlasst. Dort wird ähnlich mit brutaler Polizeigewalt vorgegangen. Beide Brennpunkte beziehen sich solidarisch aufeinander.
Leser*innen unserer Zeitung stellen sich vielleicht die Frage: „Wie können sich Graswurzler*innen in den Widerstand einbringen?“ Dies tun zum Beispiel schon JunepA, das Jugendnetzwerk für politische Aktionen und „Lebenslaute“ – Orchester und Chor, die zivilen Ungehorsam mit klassischer Musik verknüpfen. Beide sind Teil des Netzwerks „ZUGABe – Ziviler Ungehorsam, Gewaltfreie Aktion, Bewegung“. JunepA hat die Solidaritätsaktionen in den verschiedenen Orten initiiert, eine Landkarte dieser Aktionen im Netz online gestellt. 
Lebenslaute war immer wieder vor Ort, manchmal mit einem Teil der Gruppe.
Mitarbeit in den Bündnissen ist für libertäre und gewaltfreie Aktivist*innen selbstverständlich notwendig. Mitmachen bei den Massen-Aktionen des Zivilen Ungehorsams von „Ende Gelände“, deren Aktionskonsens gewalttätige Eskalationen gegen Menschen und andere Lebewesen ausschließt, ist auch eine gute Möglichkeit, um die Perspektiven und Handlungskonzepte der Bewegung für eine gewaltfreie und herrschaftslose Gesellschaft einzubringen.
Notwendig, um mögliche Risse in dieser Phalanx der Herrschaft zu orten und gegebenenfalls zu verstärken, ist auch eine klare Analyse der Strategien und Interessen unserer Gegner: von RWE, den Regierungen von Land und Bund, der Exekutive und all der Kräfte, die die kapitalistische Herrschaft der Banken und Konzerne stützen. Ebenso sind diese Interessenslagen unter den Kriterien „Passive Gegner*innen“ und „Neutrale Akteure“ zu berücksichtigen. Aus den passiven Gegnern sollten ja neutrale Akteure werden. Ebenfalls sollten aus den passiv Verbündeten aktive Verbündete werden – durch stimmige Beeinflussungen, Interventionen oder Kampagnen.
Der globale RWE-Konzern beabsichtigt viel mehr Braunkohle zu fördern und zu verstromen, als er selbst nach dem Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) dürfte. Um die Erderhitzung, wie völkerrechtlich vereinbart, deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, dürfe weltweit nur noch eine begrenzte Menge CO2 in die Atmosphäre gelangen. Runtergebrochen auf die Tagebaue Hambach und Garzweiler bedeute das: noch 280 Millionen Tonnen Braunkohle und dann müsse Schluss sein mit der Förderung an diesen Standorten. RWE plant jedoch noch mehr als das Doppelte zu fördern. Bei einer Begrenzung der Fördermenge auf 280 Millionen Tonnen CO2 könnten die genannten Dörfer am Tagebau Garzweiler bleiben und spätestens 2025 wäre Schluss mit der Braunkohle im Rheinland. Mit Ende Gelände und AusgeCOhlt strebe ich dagegen den sofortigen Braunkohle-Ausstieg an, der auch ohne Versorgungsprobleme innerhalb eines Jahres abgewickelt werden könnte.

Alle Menschen, die sich dem Schauplatz dieser Strategie der Zermürbung, Vertreibung und des „Tatsachen-Schaffens“ durch RWE nähern wollen, werden an den Tagen der Rodung auf allen Zufahrts-Straßen und -Wegen aufgehalten. Polizeiautos mit permanent eingeschaltetem Blaulicht bilden eine Absperrung. Die Öffentlichkeit soll wohl vermuten, dass in dem abgesperrten Gebiet eine Gefahrenzone massiver Kriminalität herrsche.

Der größte Klima-Killer Europas

Der Hauptanteil der Stromerzeugung von RWE kommt immer noch von fossilen Energieträgern. Die folgenden Zahlen zeigen den Energiemix von RWE im Jahr 2019: Gas-50,8TWh; Braunkohle-48,3TWh; Atomenergie-21,2TWh; Erneuerbare Energien-16,4TWh; Steinkohle-14,2TWh; Pumpspeicher, Batterien-1,8TWh. Damit ist RWE noch immer Klima-Killer Nr. 1 in Europa. Die Selbst-Darstellung des Konzerns zeichnet ein anderes Bild der Realität. RWE präsentiert sich als einen der weltweit größten Stromerzeuger aus Erneuerbaren Energien.
Als Beobachter des Rheinischen Braunkohle-Wahnsinns seit 1978 und als Aktivist seit über zehn Jahren bin ich davon überzeugt, dass RWE intern auch 2038 nicht als endgültiges Ausstiegsdatum betrachtet. Die Pläne, Braunkohle zu fördern, um diese u.a. als Ölersatz chemisch zu verarbeiten, wie dies in der Lausitz auch schon geschieht und an der Bergbauakademie Freiberg intensiv erforscht wird, sind sicher nicht aufgegeben. Zudem ist RWE durch die Beteiligung an URENCO weiterhin in der Atomenergie-Verarbeitung aktiv und plant aktuell sogar in Kooperation mit Eon neue Atomkraftwerke in den Niederlanden. Aus meiner Sicht wird RWE auch niemals freiwillig einen vollständigen Ausstieg aus der Braunkohle akzeptieren. Deshalb muss langfristig eine Enteignung und selbstorganisierte Vergesellschaftung von RWE angestrebt werden.
Kurz- und mittelfristig ist aber durch den Aufbau einer noch stärkeren Anti-Kohle-Bewegung bzw. Bewegung für Klimagerechtigkeit die Bildung einer Gegenmacht innerhalb des kapitalistischen Systems möglich und damit doch noch ein Stoppen der schon begonnenen Klimakatastrophe. Eine falsche Interpretation der Parole „system change not climate change“ kann zu dem Missverständnis führen, dass innerhalb des kapitalistischen Systems mit seinem Wachstumszwang keine Rettung unserer Lebensgrundlagen möglich wäre. Dies kann demobilisierend wirken und Resignation fördern, da eine revolutionäre Umwälzung des Kapitalismus insgesamt realistischerweise betrachtet noch jahrzehntelange Vorbereitungen und Selbstorganisierungsprozesse benötigt.
Wir können durch globale Mobilisierung die Klimakatastrophe stoppen, die Bewegung in Deutschland spielt dabei insofern eine wichtige Rolle, weil sich hier schnell beweisen lässt, dass auf fossile Energieträger verzichtet werden kann. We shall overcome.

(1) www.ardmediathek.de/ard/video/junger-
dokumentarfilm/kohle-blutige-geschaefte-in-kolumbien/swr-fernsehen

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394 dezember 2014
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ökologie
>> 394 dezember 2014

Raus aus Kohle und Atom!

Es regt sich Widerstand gegen die Klima-Killer im Rheinischen Revier

Am 16. November 2014 erklärte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, dass das Klimaziel der Bundesregierung nicht mehr zu halten sei. "Grund ist vor allem die Weigerung des Ministers, alte Kohlemeiler abzuschalten", so der SPIEGEL. Den katastrophalen Folgen des Klimawandels zum Trotz will der Kohlekonzern-Lobbyist Gabriel weiter auf Kohle-Nutzung setzen. "Man könne Atomenergie und Kohle nicht zeitgleich verbannen." Pah! Der sofortige Ausstieg aus Atomkraft- und Kohlenutzung wird nicht von Lobbyisten und ihren Regierungen durchgesetzt, sondern von sozialen Bewegungen. Wir werfen einen Blick auf das Rheinische Braunkohlerevier sowie den Widerstand gegen Klima-Killer und für eine echte Energiewende. (GWR-Red.)

Die Chance ist da. 2015 könnte das Rheinische Revier zu einem Brennpunkt sowohl der jungen Anti-Kohle-Bewegung als auch der seit 40 Jahren aktiven Anti-Atom-Bewegung werden.Es liegt auf der Hand. Kohle und Atom sind sich hier ganz nah.

Mitten im Rheinischen-Braunkohle-Revier, zwischen den Braunkohle-Tagebauen Inden, Hambach und Garzweiler befindet sich im Forschungszentrum Jülich ein verstrahlter Reaktor und Atom-Müll, der aktuell in die USA exportiert werden soll.

Vielfältige Protest- und Widerstandsaktionen sind von beiden Bewegungen auch für 2015 geplant. Schauen wir genauer hin.

Das Rheinische Braunkohlerevier ist ein Dauer-Katastrophengebiet

Bekannter ist schon die Tatsache, dass hier durch jährlich ca. 100 Millionen Tonnen CO2-Emissionen die globale Klima-Katastrophe von RWE, dem Klima-Killer Nr.1 in Europa, mit verursacht wird.

Aber wer zum ersten Mal die drei riesigen Tagebaue im Westen von Köln sieht, kann das Ausmaß an den weiteren Zerstörungen kaum glauben.

Hier "fressen" sich täglich 24 Stunden die größten Bagger der Welt immer weiter und bis zu 450 Meter tief in die Erde und verursachen die Zerstörung wertvoller Landschaften: über eine Million Bäume des ursprünglichen Naturschutzgebietes "Hambacher Forst" sind schon gerodet, viele Dörfer, wertvollste Acker-Böden sind schon in den zusammen ca. 170 Quadratkilometer großen Tagebauen verschwunden.

Ca. 40.000 Menschen sind schon "umgesiedelt" worden, viele erleben das als "Vertreibung".

Fünf gigantische Braunkohle-Kraftwerke verursachen gefährliche Emissionen. Diese "Wolkenmacher" emittieren neben dem CO2 u.a. auch Arsen, Stickoxide und das starke Nervengift Quecksilber.

Atom-Müll und verstrahlter Reaktor im Rheinischen Revier, in Jülich

In Jülich lagern aus der Betriebszeit des dortigen Kugelhaufenreaktors (AVR) noch 300.000 strahlende Brennelementkugeln in 152 Castoren. Da dem veralteten Lager von der zuständigen Aufsichtsbehörde die Betriebsgenehmigung entzogen wurde, prüft man aktuell, diesen Atommüll zum militärischen Atomkomplex Savannah River Site in den USA zu exportieren.

Jeder Transport von Atommüll bedeutet ein erhebliches Risiko, für den Abtransport aus Jülich wären 38 (!) Castortransporte durch Deutschland nötig.

Darüber hinaus hat am 11. November 2014 die hochgefährliche Verlagerung des 1988 nach etlichen Störfällen stillgelegten AVR-Reaktordruckbehälters in Jülich begonnen.

Nach einem jahrelang vertuschten schweren Störfall im Jahr 1978 ist nicht nur der Reaktordruckbehälter verstrahlt, sondern auch der Boden darunter u.a. mit Strontium-90, Cäsium-137 und Kohlenstoff-14. Dieser radioaktiv verseuchte Untergrund soll freigelegt und saniert werden.

AtomkraftgegnerInnen haben seit Monaten vor dem weltweit einmaligen und riskanten Manöver gewarnt, den 2.100 Tonnen schweren Versuchsreaktor im Forschungszentrum Jülich umzukippen, um diesen in ein ca. 200 Meter entferntes Zwischenlager zu transportieren.

Braunkohle und Radioaktivität - Die Bagger wirbeln radioaktiven Feinstaub auf

Täglich werden allein im Tagebau Hambach ca. 3 Millionen und 170 Tausend Kubikmeter Erde, Abraum und Kohle hin und her bewegt durch die größten Bagger der Welt.

So werden sowohl Grob- und Feinstaubpartikel als auch das überall im Boden vorkommende URAN in schier unglaublicher Menge in die Luft und ins Grundwasser emittiert: ca. 250 Kilogramm am Tag.

Das natürlich vorkommende Uran-238 zerfällt schnell in zahlreiche Radionuklide: Radium-226, das Edelgas Radon-222 und Polonium 210, also radioaktive Alphastrahler. Die radioaktiven Isotope verbinden sich mit den lungengängigen Feinstaub-Partikeln. Feinstaubpartikel sind mikroskopisch klein: Sie sind Teilchen die lediglich einen Durchmesser von weniger als 0,01 Millimeter haben.

Das radioaktive Zerfallsproduktes Radon-222 (Halbwertszeit: ca. 4 Tage) kann über den im Tagebaubetrieb unvermeidlich austretenden Kohlestaub in den menschlichen Organismus gelangen.

Nicht nur für die Beschäftigten besteht diese Gefahr, sondern auch für alle in der Westwindzone wohnenden Menschen bis in den Kölner Raum. Tochternuklide der natürlich in der Kohle und dem Abraum vorkommenden radioaktiven Stoffe werden über den Feinstaub, und das abgepumpte Wasser in die Umwelt freigesetzt.

Aber nicht nur die Tagebaue emittieren radioaktive Stoffe, sondern auch die Braunkohlekraftwerke. Bereits 1978 wies das US-amerikanische Oak Ridge National Laboratory (ORNL) darauf hin, dass die radioaktive Belastung im Umfeld kohlebefeuerter Kraftwerke sogar noch höher liegt als in der Umgebung von Atomkraftwerken. Radioaktive Isotope finden sich in den großen Deponien mit Kraftwerksaschen und werden auch über die Schornsteine ausgestoßen. Weltweit gelten Braun- und Steinkohlekraftwerke neben Atomkraftwerken als größte Quelle radioaktiver Verseuchung der Umwelt.

Zu den Gesundheitsgefahren einer Feinstaub-Belastung sei auf die HEAL-Studie "Was Kohlestrom wirklich kostet, Gesundheitsfolgen und externe Kosten durch Schadstoffemissionen" vom April 2013 verwiesen sowie auf die Greenpeace-Studie "Tod aus dem Schlot".

Feinstaub ist extrem gefährlich, da er wie ein "Gift-Taxi" neben den radioaktiven Stoffen auch weitere Schadstoffe aufnimmt und den Weg direkt über die Lunge in die Blutbahnen findet. Aufgrund seiner Winzigkeit kann er nicht in den Lungenbläschen gestoppt werden.

Die Realität der Feinstaubbelastung durch Braunkohletagebaue wurde allen Interessierten deutlich klar, als am 23. Januar 2013 an der Messstation in Elsdorf-Berrendorf eine Feinstaubwert PM10 von 82 µg/m3, an der Messstation in Niederzier 152 µg/m3 gleichzeitig gemessen wurde. Beide Dörfer sind Grubenranddörfer, Berrendorf direkt nordöstlich am Tagebau Hambach, Niederzier südöstlich. An diesem Tage kam der Wind ausnahmsweise aus Nordost. Die Steigerung um 70 µg/m3 am Messpunkt Niederzier kann nur aus dem Tagebau stammen, denn etwas anderes befindet sich nicht zwischen den beiden Orten.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt angesichts der vom Feinstaub ausgehenden Gesundheitsgefahren in ihren Luftgüte-Richtlinien folgende Grenzwerte für Feinstaub: Jahresmittel PM10 20µg/m³; Tagesmittel PM10 50 µg/m³ ohne zulässige Tage, an denen eine Überschreitung möglich ist. Diese Werte liegen deutlich unter den Grenzwerten der EU: Seit dem 1. Januar 2005 beträgt hier der Jahresmittelwert für PM10 doppelt soviel: 40 µg/m³; der einzuhaltende Tagesmittelwert für PM10 50 µg/m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr.

Nervengift Quecksilber und Klimagift CO2

Quecksilber ist ein starkes Nervengift und schon in kleinsten Mengen gefährlich: Es kann zu geistigen Behinderungen, zu Verzögerungen bei der Entwicklung oder zu Gedächtnisverlust führen. Der ORNL-Studie zufolge überschreiten fast 50 deutsche Kohlekraftwerke die Grenzwerte einer neuen internationalen Vereinbarung.

Allein das Kraftwerk in Niederaußem emittiert pro Jahr 497 kg Quecksilber. Dazu erklärt der Energie-Experte des WDR, Jürgen Döschner: "In Deutschland sind die gesetzlichen Vorschriften weniger streng als in den USA, die ja sonst nicht als besonders umweltfreundlich gelten. (…) Würde man den US-amerikanischen Grenzwert, der sich an einer neuen internationalen Vereinbarung orientiert, in der Bundesrepublik anwenden, müssten 50 deutsche Steinkohle- und Braunkohlekraftwerke bis auf eine Ausnahme stillgelegt werden."

Das Rheinische Braunkohlerevier bzw. der Konzern RWE als Eigentümer der Tagebaue, Kohlebahnen, Kraftwerke und Strom-Trassen ist auch der KLIMA-KILLER Nr.1 in Europa. Ca. 100 Millionen Tonnen Braunkohle werden hier jährlich "verstromt", das bedeutet eine Emission von ca. 100 Millionen CO2. Das sind ca. 12,5 % aller CO2-Emissionen in Deutschland. Zum Vergleich: Ca. 20% erzeugt der gesamte Verkehr (PKW- und LKW-Verkehr zusammen). Über 51 Millionen Kraftfahrzeuge sind in Deutschland angemeldet.

Die fünf Braunkohlekraftwerke im Revier sind also genauso klimaschädlich wie über 30 Millionen Kraftfahrzeuge. Braunkohle ist der klimaschädlichste Energieträger überhaupt. Denn nur maximal 43% der Ursprungs-Energie wird in Strom umgewandelt - im Vergleich z.B. Gas zu ca. 50 - 60%, Steinkohle zu ca. 46%. Dabei werden bei der Braunkohleverstromung mehr als doppelt soviel CO2-Emissionen produziert wie beim Energieträger Gas.

Eine gewichtige Ursache der Klimakatastrophe, die vor allem für die Menschen im globalen Süden schon begonnen hat, liegt nachweislich auch in der hiesigen Braunkohle-Verstromung.

RWE, die Bundesregierung und die Landesregierung NRW behaupten die Unverzichtbarkeit der Braunkohle noch für viele Jahre. Versorgungssicherheit für die Allgemeinheit und den Industriestandort NRW sei nur mit der Braunkohle möglich.

Damit wird die Vorrangstellung festgeschrieben eines aus meiner Sicht von interessierter Seite konstruierten allgemeinen Interesses an der Braunkohle-Verstromung vor den Interessen all der Menschen, die im Revier, in der Region und auch z.B. in Bangladesh leben. Und es wird erwartet, weitere "Opfer" für das nationale Gemeinwohl zu erbringen.

Noch mehr Menschen als die bisherigen knapp 40 Tausend UmsiedlerInnen im Revier sollen ihr Zuhause gezwungenermaßen verlassen. Auch die Bergschäden an den Häusern in den Grubenranddörfern, verursacht durch gewaltige Grundwasser-Abpumpungen - rund 550 Millionen Kubikmeter pro Jahr - sollen als unvermeidlich hingenommen werden. Elsdorf-Berrendorf z.B. ist dadurch ca. 4 Meter abgesunken. Manche Häuser hatten solch große Risse, dass sie abgerissen werden mussten.

Warum das Ganze?

Als notwendige "Übergangstechnologie" zur Bereitstellung der Grundlast, wenn weder die Sonne scheine noch der Wind wehe, sollen die Braunkohlekraftwerke noch für Jahrzehnte notwendig sein. Stimmt diese Aussage von RWE und den entsprechend beeinflussten "politischen Entscheidungsträgern"?

Tatsächlich wird u.a. mit dem großangelegten Projekt "Power to Gas" schon längst das Ziel verfolgt, überschüssigen Ökostrom in Gas umzuwandeln und das Erdgasnetz als Stromspeicher zu nutzen. Dazu erklärt Prof. Klaus Heikrodt, Inhaber des Lehrstuhls für Energietechnik an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe, in einem Interview mit Zeit Online: "Anstatt die entsprechenden Anlagen an wind- und sonnenreichen Tagen abzuschalten, kann überschüssiger Strom in Wasserstoff oder Methan umgewandelt und im Gasnetz gespeichert werden."

Weitere schon bewährte Speichermöglichkeiten sind ja auch noch die Pumpspeicherkraftwerke.

Also sind Braunkohlekraftwerke nicht notwendig! Wenn man dann noch bedenkt, dass 2013 so viel Strom wie noch nie zuvor von Deutschland exportiert wurde, dann fragt sich auch der Laie: Stimmt da etwas nicht?

Billiger Rohstoff für RWE

RWE könnte mehr in erneuerbare Energien investieren. Das geschieht aber nicht, im Gegenteil: für dieses Jahr wurden die Investitionen für erneuerbare Energien halbiert. Denn Folgendes ist unbestritten: "Braunkohle rettet die Bilanz (2012) von RWE", so titelte der Kölner Stadtanzeiger am 6. März 2013. Tatsächlich ist die Braunkohleverstromung ein profitables Geschäft. Deshalb hat RWE die Braunkohleverstromung 2013 weiter gesteigert (von 75,6 Mrd. Kwh 2012 auf 75,8 Mrd. kWh) - und das bei einer angeblich allseits gewünschten Energie-Wende zu den "Erneuerbaren" hin.

RWE zahlt nichts für den Rohstoff selbst. Für das ca. 60 Quadratkilometer große Naturschutzgebiet Hambacher Forst mit ca. einer Million Eichen und Buchen zahlte RWE in den 1970iger Jahren an die Gemeinden nur 1 bis 2 DM pro Quadratmeter.

An vielen Stellen kann neben dem wertvollen Holz auch Kies verwertet werden, ehe die größten Bagger der Welt die Braunkohle aus der Tiefe holen. Außerdem sind die Braunkohlevorräte riesig. Und es wird vermutet, dass RWE Braunkohle, die noch in der Erde lagert, schon längst beliehen hat, wie es in der heutigen Finanzindustrie üblich ist. RWE muss somit wahrscheinlich diese sich bereits in den Bilanzen befindende Braunkohle zwangsläufig fördern. Deshalb sieht der Energie-Mix 2013 von RWE tatsächlich so aus: ca. 37,6 % Braunkohle, ca. 23,7 % Steinkohle, ca. 17,0 % Gas, ca. 14,5 % Atom-Energie und nur ca. 6,3 % Erneuerbare Energien (aus dem Geschäftsbericht 2013: Zukunftsgestalter, VORWEGGEHEN. S.57 - eigene Berechnung aufgrund der dort veröffentlichten Zahlen).

Die Herausforderungen der stärker werdenden Anti-Kohle-Bewegung sind also groß. Der "Gegner" ist sehr stark - das Rheinische Braunkohlerevier ist quasi in den Händen einer Besatzungsmacht.

Das Schüren der Angst vor Arbeitsplatzverlusten im Revier wirkt leider immer noch. Die RWE AG ist noch kein schwankender Riese, sondern als weltweit operierender Konzern, als "Cluster-Expertin" und meinungsmachende Instanz stark.

Mit einer sorgfältig ausgearbeiteten "Akzeptanz-Studie" hat RWE sich gut vorbereitet für die Abwehr des gewachsenen Widerstands gegen solche Groß-Projekte. Dort ist beschrieben, wie der Widerstand in für RWE ungefährliche Bahnen kanalisiert werden kann (die GWR berichtete).

Dialog sei der Schlüssel zur Akzeptanz, Empathie für die Beweggründe des Einzelnen, der im Widerstand ist, sei notwendig: "In der frühzeitigen, transparenten und ergebnisoffenen Einbeziehung der Bürger scheint dabei der Schlüssel zu mehr Akzeptanz zu liegen." Die Schlichtung mit Heiner Geißler zu Stuttgart 21 wird als vorbildhaft beschrieben. Im Rheinischen Revier bzw. in NRW gehen der BUND und Greenpeace teilweise auf diese Strategie der Einbindung ein und übernehmen zeitweise die Rolle der Dialog-Partner von RWE.

Repression, Militanz und parlamentarische Illusionen

Gemeinsam gegen Kohle und Atom? Die Stolpersteine auf dem Weg zu einem wirkungsvollem breiten Aktionsbündnis innerhalb beider und zwischen beiden Bewegungen sind nicht zu unterschätzen.

In der jungen Anti-Kohle-Bewegung treten nun ähnliche Bruchlinien und Konflikte auf, wie immer wieder auch in den vielen Jahren des Widerstands gegen Atomkraft. Das Drehen an der Repressions-Spirale von Seiten des Staates auf Veranlassung von RWE hat Folgen. Die Wald- und Wiesen-Besetzung im Hambacher Forst ist von eskalierender massiver Gewalt sowohl durch den privaten Sicherheitsdienst von RWE als auch durch brutale Polizei-Einsätze betroffen, letztlich aufgrund falscher Beschuldigungen durch RWE. Der Konzern lässt aktuell ermitteln wegen einem angeblich "besonders schwerem Fall des Landfriedensbruchs" und der des Verdachts "der gefährlichen Körperverletzung", schließlich wegen des Verdachts des "Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz". Weit über 200 Ermittlungsverfahren wurden von RWE seit 2012 veranlasst. Diese Kriminalisierungsversuche sollen die Anti-Kohle-Bewegung und das "Bündnis gegen Braunkohle", die Vernetzung der Wald- und Wiesenbesetzung, der Klima-AktistInnen von www.ausgeco2hlt.de, der Bürgerinitiativen und der Organisationen wie Attac, BUND und Greenpeace usw. spalten und "im Keim ersticken". Auf keinen Fall soll die Anti-Kohle-Bewegung Ausmaße der Anti-Atom-Bewegung annehmen.

Einige der AktivistInnen erleben aufgrund der sich häufenden Polizeieinsätze und der Allgegenwärtigkeit des Sicherheitsdienstes im und am Hambacher Forst einen Zustand ständiger Bedrohung. Auch als Reaktion darauf nehmen militante Haltungen bei den WaldbesetzerInnen selbst zu: Die Vermummung der WaldbesetzerInnen wird immer häufiger.

Martialische Parolen, wie "RWE und Staat zerschlagen" sind auf http://hambacherforst.blogsport.de/ häufig zu lesen. Die Orientierung mancher WaldbesetzerInnen an den mexikanischen Zapatistas, die sich zwar um Gewaltvermeidung bemühen, aber den bewaffneten Kampf nicht ausschließen, ist auch für manche Aktive der Bürgerinitiativen und andere Engagierten im Revier irritierend. Bedingt auch durch die einseitige Berichterstattung in den Mainstream-Medien, wächst bei den Menschen in der Region und den Bürgerinitiativen die Verunsicherung: "Was ist da los im Hambacher Forst?" Die direkte Unterstützung der Waldbesetzung durch die Bürgerinitiativen nimmt teilweise ab. Noch sind die Waldbesetzung und die Blockaden der Rodung als gewaltfreie direkte Aktionen einzuschätzen.

Nicht nur zeigen Repression und Tendenzen von Militanz ihre ungünstige Wirkung, sondern auch die aktuell gesteigerten Aktivitäten von BUND, Greenpeace und auch von den Grünen.

Fast 30 Jahre lang bis 2010 hatten BUND und Greenpeace die Definitionsmacht des Widerstands im Rheinischen Braunkohle-Revier. Die geplante Menschenkette im April 2015 im Bereich des Tagebaus Garzweiler wird aus meiner Sicht auch die Funktion haben, die angekündigte Verkleinerung des Tagebaus als parlamentarischen Erfolg darstellen zu wollen. Die meisten der Engagierten in den Bürgerinitiativen haben noch Illusionen und pflegen immer noch die Nähe zu den Grünen.

Lernen von Larzac und Gorleben

Eine erfolgreiche breite, vielfältige und kontinuierliche Widerstandskultur, in der direkte Aktionen und Ziviler Ungehorsam zentral sind, ist möglich.

Ein Aufeinanderzugehen und ein gegenseitiges Sich-Einfühlen der verschiedenen Akteure sind notwendig.

Die gemeinsame Entwicklung von Zielen und eines langfristigen Handlungskonzeptes bzw. Aktions-Stufen-Plans in einer Atmosphäre der "Kritischen Solidarität" ist unumgänglich.

Sowohl eine Bedingungs- und Betroffenheits-Analyse, als auch die Findung eines Aktions-Konsens haben sich bewährt.

Das Planen, Vorbereiten und Trainieren auch von niedrigschwelligen Formen direkter Aktionen, z.B. das "Zurück-Schaufeln der Erde in den Tagebau" könnte auch Engagierte der Bürgerinitiativen zur begrenzten Gesetzesüberschreitung motivieren und bewirken, dass wir immer mehr werden. Gemeinsamer Umgang aller AkteurInnen mit der unvermeidbaren Repression und den Spaltungsversuchen wird selbstverständlich sein.

Eine klare Einigung auf Gewaltfreiheit hatte im Larzac die unmittelbar Betroffenen motiviert, aktiv mitzumachen.

Die Menschen vor Ort können kontinuierlich wirksamen Widerstand leisten. Die Unterstützung von "Außen", von AktivistInnen aus anderen Regionen, ist notwendig.

Punktuelle spektakuläre Aktionen durch entschlossene Klein-Gruppen können ermutigend sein, sind aber zu ergänzen durch ein "Empowerment" Vieler.

Der Verzicht auf Militanz im gemeinsamen Kampf kann ausgeglichen werden durch das Erleben von nicht für möglich gehaltener breiter Solidarität.

Wenn wir dann auch noch innerhalb der Bewegung im Rheinischen Revier exemplarisch Alternativen wie Solar- und Wind-Energie-Genossenschaften oder Solidarische Landwirtschaften initiieren, schaffen wir auf diese Weise eine "Werkstätte der Zukunft", einen ermutigenden Vorgriff auf eine Zukunft ohne Braunkohle und Atom.

Emilio Weinberg  (aktiv bei SoVie)

 

 

 

http://www.ausgeco2hlt.de/hintergruende/raus-aus-der-kohle/

 

Zum RWE- bzw. NRWE - TRIBUNAL  (Skizze Emilio Weinberg)

 

Die Tribunal-Initiative ist ein Bündnisprojekt, das von der EKU-AG (Attac D) angeregt wurde.

 

Grundideen – Vorläufige Planung – aktueller Stand

 

Grundideen:

 

Die Klima-Gerechtigkeits-Bewegung benötigt angesichts der schon jetzt erreichten globalen Klima-Erhitzung von ca. 1,28 Grad „offensivere“ Vorgehensweisen. 

Die Erfahrungen von TRIBUNALEN wie z.B. des Russell-Tribunals (1966) zwecks Untersuchung und Dokumentation US-amerikanischer Kriegsverbrechen im Vietnamkrieg nach 1954,

im Jahr 2017:

im ATTAC -Kontext:

haben gezeigt, dass Tribunale eine gesteigerte öffentliche Aufmerksamkeit bewirken und die oft parallel zum gleichen Thema arbeitenden Akteure sehr gut vernetzen kann und damit ein wichtiger Beitrag zum Bewegungsaufbau und damit zu der Entwicklung der notwendigen „Gegen-Macht“ geleistet wird.

Darüberhinaus wird die Tribunal-Initiative tatsächliche juristische Verfahren begleiten und auch weitere Klagen bzw. Anzeigen vorbereiten.

 

Vorläufige Planung:

 

Eine doppelte Perspektive ist dabei grundlegend:

 

1.

RWE verstößt vielfach gegen geltendes Recht der BRD und Europäische Gesetzgebung;

z.B.: Fahrlässige Tötung durch Braunkohle-Verstromung aufgrund der Schadstoff-Emissionen u.a. Stickoxide, radioaktive Feinstäube, Quecksilber und auch durch die gewaltigen klimaschädlichen CO2 – Emissionen, aktuell immer noch insgesamt fast 300 Millionen Tonnen pro Jahr. Das Landgericht Köln bestätigte in einem Vergleich, das Braunkohle-Verstromung tötet, (Bezugnehmend auf die Studien von Greenpeace „Tod aus dem Schlot“ und von HEAL und LANCET)

Die schon 2013 von dem Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung (IER) der Uni Stuttgart erstellte Studie „Assessment of Health Impacts of Coal Fired Power Stations in Germany by Applying EcoSenseWeb“ zeigt auf, dass RWE zu diesem Zeitpunkt der gesundheitsschädlichste Energiekonzern Deutschlands war. Nach dem fragwürdigen RWE – Eon Deal mit Sicherheit heute auch noch!

So war RWE 2012 statistisch gesehen für 959 vorzeitige Todesfälle, 10.266 verlorene Lebensjahre, 217.583 verlorene Arbeitstage verantwortlich. „Tod aus dem Schlot“ beruht auf dieser Studie.

15 Kölner Rechtsanwältinnen haben im Herbst 2018 den Vorstand von RWE – Power angezeigt wegen fahrlässiger Tötung – in diesem Fall durch die dem Vorstand selbst bewusste Mitverursachung der schon begonnenen Klima-Katastrophe.

 

2.

Aus der Sicht der MENSCHENRECHTE verstößt besonders das in der BRD geltende Bergrecht gegen zahlreiche einzelne Menschenrechte und ist zu skandalisieren. Der in Zeiten des Nationalsozialismus durch die NSDAP erweiterte Zwangsenteignungs-Paragraph des Bergrechts, ursprünglich von Bismarck erlassen, verstößt gegen mehrere Menschenrechte und hat schon die Zwangsumsiedlung von mehr als 40 Tausend Menschen im Rheinischen Revier bewirkt.

Darüber hinaus profitiert RWE von zahlreichen Umwelt-Verbrechen

und Menschenrechtsverletzungen in den Steinkohle bzw. Uran exportierenden Ländern, wie u.a. Kolumbien, Russland oder Australien.

 

Aktueller Stand:

 

Bisher fanden 7 Video-Konferenzen statt mit über 20 Interessierten, zum Teil als Vertreter*innen von Organisationen bzw. Initiativen wie u.a.:

 

EKU-AG Attac D, Attac Köln, Dachverband der Kritischen Aktionär*innen, Ethecon, Parents und Grannies For Future Köln und Essen, Gewerkschafter*innen für Klimaschutz, „Kirche im Dorf lassen“, „Lebenslaute“, ZUGABe-Netzwerk, Hambi-Support Aachen, Fossil Free Essen, Climate Crime Civil Investigation Task Force - Gruppe Ruhrgebiet, Künstler*innen aus der Bewegung, Juristische Recherchegruppe zu Umweltverbrechen wie bzgl. der A49.

 

Ebenfalls mehrere Video-Konferenzen der koordinierenden Kern-Gruppe (Mit Beteiligung der EKU-AG)

 

Teil-Finanzierung durch die RLS-Stiftung ist in Aussicht gestellt. Eine Anschubfinanzierung durch Attac D wird z.Zt. beantragt.

 

Mehrere Rechtsanwälte aus Köln und Düsseldorf

und auch Medienschaffende sind schon intensiv mit der Kern-Gruppe in Kontakt,

u.a. WDR, Monitor, Report Mainz, Deutsche Welle und zahlreiche Print-Medien.

 

Zur Zeit ist das RWE-TRIBUNAL bzw. NRWE-TRIBUNAL im Laufe des Jahres 2021 an vier verschiedenen Orten geplant:

 

Tribunal-Start:

im Juni - Beginn Freitagabend am 18., Sa. 19. und So. 20. Juni 2021 - in Lützerath am Garzweiler Braunkohle-Tagebau auf einer Wiese, die aktuell, wie auch der Bauernhof von Eckardt Heukamp zwangsenteignet werden soll, in einem großen Zirkuszelt

dann in den nächsten Monaten:

 

in Essen, dem Hauptsitz von RWE

 

in Düsseldorf, dem Sitz der eng mit RWE kooperierenden Landesregierung von NRW

 

in Köln, dem Sitz von RWE-Power

 


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 zu den Konflikten im Rheinischen Braunkohlerevier
 
 

Konfliktdreieck nach Galtung

 
Konflikt-Dreieck nach Galtung
 
Es besteht in der Konflikt-Forschung weitgehend Konsens über drei Komponenten eines Konfliktes
 
- ein widerstreitendes Verhalten bzw. Handeln der Konfliktparteien, das den Konflikt anzeigt und ihn allzu oft weiter verschärft
 
- unvereinbare Interessen und Ziele der Konfliktparteien bzw. Gegner ( real / tatsächlich antagonistische oder nur so erscheinende)
 
- unterschiedliche Annahmen und Haltungen der Beteiligten in Bezug auf die Ursachen des Konflikts, ihre eigene Rolle innerhalb des Konflikts
  und die Bewertung der anderen Konfliktparteien,
  drücken sich aus: in oft sehr unterschiedliche Analysen, aber häufig auch durch  Stereotype, Vorurteile und Feindbilder.
 
Die Konfliktforschung unterscheidet auch zwischen der sichtbaren bzw. manifesten und der latenten Ebene eines Konflikts.
Das Verhalten und Handeln der Konfliktparteien bildet die manifeste Ebene.
Dagegen bleiben die Interessen und Ziele sowie die Annahmen und Haltungen der Konfliktparteien häufig tendenziell im Dunkeln.
Sie bilden die unsichtbare oder latente Ebene der Auseinandersetzung.
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Kompliziert wird es dann,  wenn sowohl die eine als auch die andere Konfliktpartei sich aus verschiedenen Akteur*innen zusammensetzt.
Dies ist am Braunkohle-Tagebau Garzweiler und insgesamt im Rheinischen Braunkohlerevier der Fall.
Wir sehen auf der einen Seite einen Kompiex, bzw. ein  Netzwerk oder „Cluster“, in dem RWE aus meiner Sicht, die Fäden in der Hand hat,
in dem die Bundesregierung, die Landesregierung, auch die Stadt- und Land-Räte, insgesamt tendenziell alle Kommunalen Vertretungen
der parlamentarischen Formal-Demokratie, also mehr oder weniger die gesamte Legislative,
dann die Verwaltungen, vor allem die Bergbaubehörde (Arnsberg), aber auch die Gewerkschaft IGBCE, dann auch mehrere Forschungseinrichtungen
einiger Universitäten,
die Mehrheit der Mainstream- Medien, aber auch zumeist die Gerichte, also auch die Judikative, schließlich die Exekutive in Form der Polizei
tendenziell stabil an der Seite von RWE und im Interesse von RWE operieren.
 
Ich sehe viele Nachweise direkter und indirekter Korruption.
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aus: 
 
Nehmen wir das Beispiel "Gregor Golland",
stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU im Düsseldorfer Landtag.
Multifunktionär und RWE-Angestellter Geburtsjahr: 1974
Gregor Golland ist ein viel beschäftigter Mann. Der in Brühl geborene Landtagsabgeordnete ist nicht nur CDU-Multifunktionär, Aufsichtsratsmitglied und Gesellschafter, sondern auch noch kaufmännischer Angestellter bei RWE. Und nicht irgend-ein beliebiger, sondern Golland ist der Leiter der „Einkaufs-abteilung Rohstoffe“ des RWE-Konzerns. Praktischerweise macht er in der Landtagsfraktion der CDU Energiepolitik und amtiert sowohl im Energieausschuss als auch im Klimaausschuss als stellvertretendes Mitglied. „Die NRW-CDU will aus Sicht des Industrielandes Nordrhein-West-falen den Themen Zukunft von Arbeitsplätzen und Wirtschafts-kompetenz auch in der Bundespartei ein stärkeres Gewicht geben“, sagt er. Er ist der Auffassung, dass Deutschland zur Energiewende heimische Braunkohle brauche. „Nicht nur viele Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt von der Braunkohle ab. Auch für den Grundlaststrom wird die Kohle noch viele Jahre unverzichtbar sein. Dieser Position hat sich jüngst die gesamte CDU-Landtagsfraktion auf ihrer Klausurtagung in Aachen (...) angeschlossen“, so Golland im September 2011.Neben Erneuerbaren Energien gelte es, „unbedingt auch weiterhin die Braunkohle zu fördern“. RWE unterstreiche seine Verlässlichkeit für die Region und setze zudem auf Umwelt-freundlichkeit, erklärte Golland laut Rhein-Erft Rundschau.RWE jedenfalls freut sich über das politische Engagement seiner Mitarbeiter. Dabei werde Wert auf eine saubere Tren-nung zwischen unternehmerischen und politischen Interessen sowie auf größtmögliche Transparenz gelegt. „Wir achten den Wunsch unseres Mitarbeiters Gregor Golland und erkennen seinen Rechtsanspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung an.“ (aktuell hat sich nicht viel geändert für G.G., nur folgende neue Entwicklungen:
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Zu berücksichtigen ist auch die Zusammensetzung der verschiedenen Aktionär*innen bei der
Aktiengesellschaft RWE. Die Kommunalen Anteilseigner, dabei die Städte Dortmund, Essen und Mühlheim a.R., sind schon vor einigen Jahren auf unter 25 Prozent
(Sperrminorität) vom damaligen Vorstand von RWE gedrängt worden, während gleichzeitig die Anteile von BlackRock gestiegen sind.
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Auf der anderen Seite, der Konfliktpartei des Widerstands gibt es ebenfalls ein komplexes bzw. vielfältiges Netzwerk
von verschiedenen Einzelpersonen, Initiativen, Gruppen, Organisationen und Verbänden: ........
Von besonderer Bedeutung  ist dabei der Aspekt, den Robin Wood schon vor Jahren treffend folgendermassen formulierte:
 
"Wenn Konzerne den Protest managen.".......... Fortsetzung folgt!
 
(obenstehender - noch nicht vollständiger - Text wurde verfasst von Alfred Emilio Weinberg)
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Daran erinnere ich mich gerne - in diesem Video zeigt sich die dynamische Energie der Solidarischen Vielfalt - Schaut mal hinein - es lohnt sich - echt ermutigend:
 
Aktuell:
das ermutigende Lied von Gerd Schinkel zu Eckardt Heukamp, der in Lützerath bleiben will und RWE die Stirn bietet:
 Dann:
zum Glück erstmal verschoben:
Zur geplanten Entwidmung der Kirche in Keyenberg:
 
Es lebe die Solidarische Vielfalt

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RWE zerstört, zerstört...https://twitter.com/i/status/1351131607978156043

Sportlicher effektiver Widerstand:

https://twitter.com/DanniPilger/status/1351881044862132229

Zur Aufheiterung:

https://www.youtube.com/watch?v=mBg168sN6GU&t=44s

schaut mal rein.

#Lützerath Lebt!

Die bundesweite Initiative  https://www.alle-doerfer-bleiben.de/ schrieb:

Wir rechnen damit, dass am Montag, den 18.1.2021direkt gegenüber von einem bewohnten Hof in Lützerath vier Häuser für Braunkohle zerstört werden sollen. Das wollen und werden wir nicht tatenlos hinnehmen.
Denn wir nehmen die Klimakrise ernst und wollen unser zu Hause schützen! ✊????
Daher bitten wir euch: Kommt am Montag ins Rheinland und lasst uns gemeinsam Lützerath schützen!

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Zum letzten Bauern in Lützerath: Das neueste Lied von Gerd Schinkel:

In Lützerath, einem Dorf am Rande des Braunkohle-Tagebaus Garzweiler im Rheinischen RWE-Revier, sind fast alle ursprünglichen Einwohner längst dem konzertierten Druck des menschenverachtenden Energieversorgers und der NRWE-Landesregierung gewichen und habe ihre Heimathäuser verlassen. Nur einer lebt noch in seinem Haus auf seinem Hof, aber er ist nicht der einzige Bewohner der Gemarkung, denn an der Mahnwache am Ortsrand leben inzwischen in einer alten Villa, in Wohnwagen und Zelten "Neubürger" von Lützerath. Ihr Ziel es ist, der Dorfvernichtung, die von RWE mit Rückenwind der Landesregierung und des frischgewählten neuen CDU-Bundesvorsitzenden und RWE-Lobbyisten Armin Laschet betrieben wird, Einhalt zu gebieten, egal wie viele RWE-Büttel in Polizeiuniformen oder Werkschützer von der Industrie und der missbrauchte Staatsgewalt auch aufgefahren werden. Doch Eckhardt Heukamp, der "Altbürger" mit eigenem Grund und Boden in Lützerath, hat sich im Widerstand Unterstützung und ein akustisches Denkmal verdient... Er ist als Letzter nicht alleine...

Hier das Lied:

https://www.youtube.com/watch?v=5r2HAhZn3W8

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